3.1 THERAPIERICHTUNGEN, SOWEIT SIE ALS KASSENLEISTUNG ANGEBOTEN WERDEN
3.1.1 ANALYTISCHE UND TIEFENPSYCHOLOGISCHE PSYCHOTHERAPIE
3.1.1.1 Annahmen und Erkenntnisse
3.1.1.2 Therapeutisches Geschehen
3.1.2 VERHALTENSTHERAPIE
3.1.3 SYSTEMISCHE THERAPIE
3.2. BEISPIELE FÜR MOTIVATIONEN BEI DER WAHL EINER THERAPIERICHTUNG DURCH PATIENTEN/INNEN
3.3 WEITERE ALTERNATIVEN
(bitte scrollen)
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3.1 THERAPIERICHTUNGEN, SOWEIT SIE ALS KASSENLEISTUNG ANGEBOTEN WERDEN
3.1.1 ANALYTISCHE UND TIEFENPSYCHOLOGISCHE PSYCHOTHERAPIE
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3.1.1.1 Annahmen und Erkenntnisse
Tiefenpsychologische Psychotherapie (TP) und Analyse (AP) sind beides psychodynamische Therapieverfahren, die beide als Kassenleistung angeboten werden. Psychische Krankheiten werden als Phänomene u.a. im Kontext folgender Faktoren erklärt: 1. der Qualität unsere Beziehungserfahrungen in den Gegenwart und Vergangenheit, 2. wie auf unsere Bedürfnisse reagiert wird und wurde; 3. welche Emotionen wir gespürt haben, spüren, oder spüren könnten, resp. 4. wie wir in unseren psychischen Strukturen Erlebtes verarbeiten und verarbeitet haben sowie 5. wie das Erleben unsere psychischen Strukturen beeinflusst bzw. welche Besonderheiten sich diese betreffend in Abhängigkeit vor allem von unserer Erfahrungen mit primären Bezugspersonen während der Entwicklung und Ausbildung unserer psychischen Strukturen in der Kindheit insbesondere in verschiedenen sensiblen Phasen ergeben haben.
In funktionierenden Beziehungen werden wechselseitig Bedürfnisse befriedigt, überwiegend positive Emotionen kommuniziert und sind die Erwartungen aneinander bzw. Projektionen auf- und Delegationen aneinander begrenzt und reversibel. Für unterschiedliche Entwicklungsverläufe bei der Ausbildung unseres psychischen Apparats in der Kindheit ist es entscheidend, wie die Bedürfnisse des Kindes befriedigt werden, welche Emotionen ihm die primären Bezugspersonen entgegenbringen und wie frei sie von Erwartungen etc. sein können. Im psychodynamischen Denken werden basale Bedürfnisse ernst genommen wie
-- dass man mit uns interagiert, auf uns eingeht und uns Antworten gibt, uns versteht und treffend spiegelt,
-- und in enger Überschneidung damit, dass man uns mit unseren Bedürfnissen und ggf. auch negativen Emotionen aushält, ohne
unsere Empfindungen zu bestreiten oder Realitäten zu verzerren -- also dass wir nicht unerträglich sind, wenn wir uns mit etwas
zeigen und den anderen anfragen (was ggf. zumindest ein ein klares Nein als Antwort erfordert) und sein dürfen,
-- dass man uns unter der Voraussetzung vorangegangener Akzeptanz unserer Emotionen u.a. durch ein gutes Vorbild immer wieder
hilft, zu beruhigen und Frustrationen zu bewältigen,
-- dass wir versorgt werden und generell unsere Bedürfnisse auch etwas zählen,
-- dass wir Nähe und Zugehörigkeit erfahren,
-- dass wir Selbstwirksamkeit und somit entweder Nützlichkeit oder Unabhängigkeit erleben können,
-- dass wir über uns selbst bestimmen dürfen und nicht gezwungen werden resp. dass wir uns bei anderen durchsetzen können,
-- dass wir auch mit dem, was uns ausmacht, angenommen werden und wertvoll sind für andere,
-- dass wir auf Interesse an uns stoßen bzw. mehr noch bestätigt, bewundert und ggf. auch begehrt werden,
-- dass unsere Liebe willkommen ist,
-- sowie Sexualität und Identität.
Relevante Emotionen bei negativen Beziehungserfahrungen können z.B. sein: Angst, Wut, Enttäuschung, Trauer, Verzweiflung, Erschöpfung, Sehnsucht, Leere, Scham oder Ekel.
Außer der grundlegenden Annahme , dass insbesondere unterschiedliche mögliche Erfahrungen während der Entwicklung bis etwa 5-6 Jahre, bis dann auch das Thema der Geschlechtlichkeit eine vorläufige Bewältigung erfahren hat (um dann erst wieder in den Hintergrund treten zu können), für die konkrete Ausformung unserer Psyche entscheidend ist, sind verschiedene weitere sich zum Teil auch überschneidende Annahmen und Konzepte wichtig, dazu wie Umwelterfahrungen psychische Strukturen beeinflussen. Es wird u.a. davon ausgegangen, dass die frühen Beziehungserfahrung mit unseren primären Bezugspersonen, wie sie auf unsere Bedürfnisse reagieren, in Momenten, in denen sie gerade erst entwickeln, bzw. wie sie auf Grund wiederum ihrer Voraussetzungen die Beziehungen zu uns gestalten, als innere Bilder und Szenen in Verbindung mit dazugehörigen Emotionen wirksam bleiben, als Repräsentation von uns selbst, den Bezugspersonen und der Beziehung zwischen uns und ihnen. In ungünstigen Fällen entstehen Repräsentationen wie, dass die anderen mächtig sind und ich ohnmächtig bin, dass die anderen ablehnen und ich ungewollt bin, dass die anderen meine Grenzen nicht respektieren und ich schutzlos bin, dass die anderen gestresst und bedürftig sind und ich sie versorgen muss, oder dass die anderen enttäuscht sind und ich enttäuschend bin, ....
Ferner wird beschrieben, dass vor allem ganz frühe Erfahrungen, bei denen unsere Lebensäußerungen und Bedürfnisse von anderen als Stressoren erlebt bzw. aus verschiedenen Gründen nicht positiv aufgenommen und befriedigt werden, Erfahrungen von Ablehnung von einzelnen Teilen des Selbst, zu nicht oder nicht gut integrierten Selbstanteilen und Instabilitäten des Selbst führen. Ggf. bleibt das Selbst so schwach, dass jemand nicht einmal Eigenschaften verträgt und u.U. wirklich alles, was negativ scheinen könnte, von sich weisen muss und ausschließlich nur dann für sich einstehen kann, wenn sie /er sich in die Position begibt, sich verteidigen zu müssen. Im Extrem kommt es zu großer Unklarheit über sich selbst, zu schärfster Abgrenzung als Schutz oder in der Gegenbewegung dann gleich zu größter Nähe bis hin zu einem Erleben des Einsseins (Verschmelzen) resp. durchlässigen Ichgrenzen. Der Instabilität des Selbst korrespondiert das Fehlen stabiler guter innerer Objekte, auf die man sich zur Beruhigung beziehen kann, weshalb das Gute nur durch eine Spaltung der Welt in Schwarz und Weiß gerettet werden kann oder sich eine Not ergibt, andere permanent berechnen und ruhigstellen zu müssen, ohne dass sich je Sicherheit einstellt.
Das Konzept des Introjekts beschreibt den Einfluss von Erfahrungen auf unsere psychische Struktur unter Konzentration auf negative Zuschreibungen, wie wir sind, bzw. Erwartungen, wie wir sein sollen. Wenn es gut läuft sind Anforderungen und Zuschreibungen und deren Verinnerlichung eine Hilfe auf dem Weg zu einem inneren Kompass und zur einer letztlich eigenen Identität. Bei entsprechend negativer Qualität führen die Stimmen der anderen zu einem rigiden Über-Ich bzw. zur Ausbildung von kritischen oder auch verfolgenden und zerstörenden inneren Stimmen, die wir nach dem Vorbild des von Außen gehörten zwar vielleicht im Interesse unseres Überlebens selber bilden, damit sie für unsere Anpassung sorgen, die uns aber eben auch ohne Rücksicht einschüchtern. Es bestehen Risiken wie die Bildung eines "falschen Selbst" oder von mehreren dissoziierten Persönlichkeiten.
Ein (ebenfalls) besonders grundlegendes, aber auch immer wieder weiterentwickeltes und modifiziertes Konzept zur Beschreibung von sich aus einem ungünstigen Entwicklungsverlauf ergebenden problematischen psychischen Strukturen besagt, dass negative Reaktionen auf uns insbesondere in sensiblen Entwicklungsphasen dazu führen, dass heftige Konflikte und Widersprüche in unserem Inneren entstehen. Zum Teil entstehen Konflikte, weil unser Selbst geschwächt wurde und mehr Schutz braucht sowohl bei als auch vor den anderen und z.B. erneuter Verneinung durch sie, vor allem aber auch weil mit Enttäuschungen und Verunsicherungen sowohl unsere Bedürfnisse drängender als auch gleichzeitig unsere Anpassung an die anderen größer geworden sind. Besonders häufig werden unterschieden der Konflikt a) zwischen Nähe bzw. Abhängigkeit und Individuation, b) zwischen eigenen Versorgungsbedürfnissen und der Versorgung anderer bzw. Autarkie, c) zwischen dem Bedürfnis nach Autonomie, Kontrolle und Selbstbestimmung und einer ängstlichen Unterwerfung, d) zwischen Gefühlen der Ohnmacht, Kleinheit, Unfähigkeit oder Scham und Wünschen nach Macht, Größe, Ansehen, Überlegenheit, durchgängiger Richtigkeit oder auch demonstrativer Potenz, e) zwischen Zurückhaltung und Rivalität, vor allem auch geschlechtlicher Rivalität bzw. betonter Sexualität, oder f) zwischen Anklage und Schuld. Die Pole, bei denen wir entweder mehr uns Selbst oder mehr die anderen bzw. auf unterschiedliche Weise uns Selbst im Blick haben, sind jeweils beide etwas, was sowohl endlich Befriedigung, Erleichterung oder Rettung verheißt, als auch mit gegenläufigen oder im Prinzip ähnlichen Ängsten besetzt sind. Je mehr wir zu der einen Seite gehen, umso heftiger fällt die Gegenreaktion aus. Relevante Ängste sind u.a. die Angst vor dem Verlustes des Selbst, vor Verlassenheit, vor dem Verlust bestimmter anderer, vor Ausgrenzung, Liebesverlust, Beschämung, Strafe ... .
Ein weiteres zentrales Phänomen im Fokus der psychodynamischen Theorie ist das Auftreten von Kompensationen und nicht oder nicht ausschließlich /nicht durchgehend funktionalen Bewältigungsversuchen angesichts von Enttäuschungen, existentiellen Ängsten, Leere oder Gefühlen der Kleinheit etc., bevor es zu psychischen Krankheiten im engeren Sinne kommt. Sie prägen ggf. einen bestimmten Persönlichkeitsstil und bergen oft Risiken, dass Probleme auf diese Weise nur vorübergehend oder teilweise gelöst werden können und stattdessen oft eher verschärft werden bzw. zum Teil auch erst entstehen. Beispiele für Kompensationen können sein ein ständiger praktizierter Altruismus oder aber eine extreme Selbstfürsorge, besonders deutliche Absonderung, risikoreiches bzw. externalisierendes Verhalten, Proaktivität, Leistung, konsequente Autarkie, permanente Verantwortung, unbändige Stärke, Zwanghaftigkeit, Größenphantasien, Perfektion, Ordnung, ständige orale Befriedigungen, eine dramatischen Selbstinszenierung, Offenheit, innige Beziehungen zu irgendwelchen materiellen Objekten, sexuelle Intensität, ein häufiges tiefes Eintauchen in die Natur, Drogen ... . Stärken, das Leben zu bewältigen, und Risiken, sind nicht zu trennen. Ggf. ist es nicht leicht zu unterscheiden, was schon fast gezieltes Handeln ist, und was mit einer bestimmten Disposition dann einfach passiert. Eine Anpassung, die letztlich die ganze Persönlichkeit prägt, kann beides sein. Auch Hochsensibilität oder Hypervigilanz sind Anpassungen bzw. auch Unsicherheit oder Impulsivität prägen ggf. eine Persönlichkeit mit.
In Verbindung mit diesen und anderen Annahmen ist außerdem die Beobachtung, dass wir Erfahrungen aus der Kindheit in die Gegenwart übertragen, zentral. Negative Übertragung bedeutet, dass ein vergleichsweise geringer Anlass vor dem Hintergrund alter Verletzungen wesentlich intensiver erlebt wird und es uns spontan sehr schlecht geht, weil man altes und immer wiederkehrendes Elend fühlt. In vielen Fällen ist negative Übertragung für das Miteinander schädlich, da es um Beziehungserfahrungen geht, die man in Situationen mit anderen überträgt. Unter dem Eindruck von Übertragung fühlen wir, dass wieder alles so ist wie immer, und dass wir wieder so behandelt wurden, dass wir Ohnmacht, Kleinheit, Ablehnung, Unfähigkeit, Unwert, Scham oder Unsicherheit fühlen mussten. Wenn wir unserer Übertragung keine Rechnung tragen und dem anderen nicht zugestehen, in seinem Bezugsrahmen zu sein, erleben wir ggf. auch Absicht bzw. wie auch immer geartete unveränderliche Defizite auf seiner Seite. Indem unser Agieren dann wiederum die Übertragungen des anderen verstärkt und dann auch der andere zunehmend problematischer agiert, fällt die Bestätigung, dass alles ist wie immer, ggf. zunehmend deutlicher aus. Ein typischer Ablauf der zunächst eher subtilen Vergiftung einer Situation durch anfängliche Übertragung wäre, dass wir uns unserer Berechtigung nicht mehr sicher sind, ohne auch wirklich von unseren Bedürfnissen etc. loszulassen und indirekt kommunizieren. Dadurch z.B. bedingte Übervorsicht kann als Unterstellung erlebt werden, die Anrufung Dritter als Bedrohung und objektivierende Sachargumente als Angriff, objektiv falsch zu sein. Auch nur ganz leicht angedeutete Vorwürfe werden ggf. ganz genau gehört. ... Alternativ oder ergänzend ist unser Agieren (in unserer Ohnmacht etc.) von der Art, dass massiert Rollen verkehrt werden und den anderen kaum etwas anderes übrig bleibt, als genau das zu fühlen, was wir sonst fühlen (was immer ihre vielleicht sonst ganz andere Empfindlichkeit ist). Ggf. führt Projektion der durch Übertragung ausgelösten aggressiven Impulsen zu einem noch negativeren Erleben der Handlungen und Aussagen eines Gegenübers.
Das Thema der Ich-Fertigkeiten ist noch einmal ein weiterer Zugang. Die psychodynamische Theorie beschreibt auf unterschiedliche Weisen Ich-Fertigkeiten, wie sich selbst wahrzunehmen, andere mit ihren Motiven und Gefühlen zu verstehen (vor allem ohne z.B. das eigenen Erleben von Bedrohung etc. als primäre Quelle für Schlussfolgerungen über die anderen zu Grunde zu legen ...), sich zu beruhigen, Ausgleich zu suchen und zu finden, eine angemessene Artikulation von Bedürfnissen ... (ohne sich zu rechtfertigen, ohne Andeutungen einer vorweggenommenen Enttäuschungen, nicht erst wenn man längst wütend ist), gute innere Bilder zu generieren, Affekte bzw. Frustration auszuhalten, sich zu motivieren ... . Deren sichere Verfügbarkeit ergibt sich wesentlich mit der Welt unserer inneren Repräsentationen, unseren Konflikten und Übertragungen und hängt damit auch von der Qualität unserer frühen Beziehungen ab. Gleichzeitig sind die Ich-Fertigkeiten, die mehr oder weniger schon entfaltet sein oder aber durch innere Konflikte etc. gehemmt werden können, wesentlich für unsere Fähigkeit, Beziehung zu gestalten und mit anderen erfolgreich zu interagieren und letztlich zufrieden und nicht tief enttäuscht zu sein.
Schließlich gehört es zum Kern der von PsychodynamikerInnen beachteten Phänomene, dass die existentiellen Enttäuschungen, Aggressionen, Ängste, Konflikte und Sehnsüchte i.d.R. ganz oder teilweise unbewusst bleiben. Für manche PsychodynamikerInnen ist das Unbewusste die zentrale Erkenntnis schlechthin und in jedem Fall ist das Unbewusste für das psychodynamische Verständnis der Symptome bei psychischen Krankheiten von zentraler Bedeutung. Diese werden vor dem Hintergrund einer Unbewusstheit, die nicht aufgegeben werden soll bzw. kann, als eine kompromisshafte Ausdrucksbildung interpretiert, bei der trotz unvermeidlichem Ausdruck gleichzeitig die Abwehr gegen leidvolle oder gefährliche Inhalte (enttäuschende Versagungen oder tabuisierte Versuchungen und Ängste) aufrecht erhalten wird. Anstelle existentieller Angst wird Symptomangst gespürt, anstelle von Wut und Enttäuschung etc. ggf. eine gesichtslose Traurigkeit. Auch körperliche Symptome lassen sich, wenn es keine objektiven Befunden gibt, oft am ehesten als Ausdrucksbildung verstehen. Zwänge dienen auf noch einmal andere Art der Abwehr. Ferner kann es zu einer leidvollen Latenz der existentiellen Empfindungen kommen, im Sinne von Anspannung, Unruhe und schlechtem Schlaf. Emotionaler Stress schädigt oder verspannt den Körper dann auch real. Symptome, wie sie bei den immer noch sogenannten Persönlichkeitsstörungen beschrieben werden, lassen sich im Kontext des psychodynamischen Denkens in vielen Fällen eher als zum Problem gewordene Kompensationen verstehen, als etwas gegenüber den Kompensationen noch einmal grundsätzlich anderes und zusätzliches.
Hinsichtlich des Grads der Unbewusstheit gibt es Unterschiede. Ggf. dringen im Verlauf einer Therapie z.B. Dinge schrittweise wieder ins Bewusstsein. Sofern es zu beobachten ist, dass Menschen mit ganz frühen Störungen (die gar nicht dazu kommen, sich zu fragen , ob sie geliebt werden, sondern damit beschäftigt bleiben, ob sie überhaupt ausgehalten werden), oft von vornherein sehr viel klarer sehen, warum sie eigentlich leiden und ihre Symptome parallel dazu produzieren, spielt Unbewusstheit aber doch auch innerhalb dieser Gruppe eine Rolle. Der tiefen Verdrängung bei einem besser integrierten Selbst, die durch eine konstanter verfügbare Ich-Stärke möglich wird, korrespondiert bei ganz frühen frühen Störungen die energiegeladene Verleugnung. Es kommt m.E. seltener zu einer gesichtslosen Traurigkeit aber genauso häufig zu sehr verschobenen Ängsten, latenter Spannung und körperlichen Symptomen. Je früher die Störung der Entwicklung stattgefunden hat, desto höher ist dabei allerdings das Risiko, dass die Empfindungen von vornherein im Körper stecken geblieben sind, als dass sie dahin zurück projiziert wurden. Bei sehr tief gehenden Verletzungen des Ichs und scharfen inneren Verfolgern -- in folge sehr früher Deprivationserfahrungen und expliziter Traumatisierungen im weiteren -- wird im Zuge einer entsprechend massiven Abwehr der innere Verfolger nach außen projiziert und droht Paranoia. Sofern Symptome auch mit fehlender Ich-Fertigkeiten zusammenhängen können, etwa dass Impulskontrolle nicht gelingt, ist auch das etwas, was eher bei ganz frühen Störungen auftritt Die Anspannung führt eher zu dauerhafter Hyperaktivität.
In der Erziehung erachten PsychodynamikerInnen es für notwendig, a) geäußerte oder wahrgenommene bzw. erfragte Gefühle und Bedürfnisse akzeptierend und markierend zu spiegeln (statt sie zu bestreiten) und damit Integration und Selbstwahrnehmung zu fördern, bevor man sich gegenüber dem evtl. erregtem Kind gegenüber weniger verzweifelt, u.U. sogar zuversichtlich und bezogen auf möglich Abhilfe handlungskompetent erweist, b) generell ausreichend altersgerechte Erfahrungen von Befriedigung zu ermöglichen, c) bei der Bewältigung von Frustrationen Hilfen zu geben, und d) bei allen Gelegenheiten möglichst frei von eigenen Anteilen zu reagieren. Ein Kind von allen Frustrationen abzuschirmen oder zu beruhigen ohne zu validieren, würde nicht bedeuten, frei von eigenen Anteilen zu handeln, sondern z.B. zu kommunizieren, dass man sein Gegenüber nicht aushält, wenn es frustriert ist. Zunehmend gilt es auch Bedürfnisse nach Selbstbestimmung und Selbstwirksamkeit zu unterstützen. Eigenen Anteile, unter deren Einfluss wir die Entwicklung unserer Kinder hemmen, bestehen z.B. a) in besonderer Sorge, dass den Kindern Ähnliches zustößt wie das, was im eigenen Leben besonders schmerzhaft war, b) darin, eigene Lösungen (z.B. Bescheidenheit, Unabhängigkeit, Leistung, Sport, Bildung, Rivalität oder besondere demonstrative Lebendigkeit ...) zu delegieren, c) aus eigenen Bedürfnissen nach z.B. Nähe oder Bestätigung resp. d) aus Reinszenierungen von Beziehungsangeboten, in denen wir einst wenigstens noch etwas Sicherheit erlebt haben, nur jetzt mit vertauschten Rollen oder e) negativen Übertragungen. Unter der Voraussetzung, dass Bezugspersonen validieren, Emotionen vorsichtig gereinigt spiegeln und das eigene Selbst ausreichend zurücknehmen, damit -- ohne dass man als Bezugsperson unsichtbar wird -- dennoch auch Raum für die Selbstentfaltung des Kindes entsteht, können Menschen in der Elternrolle so verinnerlicht werden, dass auch der innere Bezug auf sie hilft, sich zu beruhigen und ein Zusammensein mit anderen ohne Konflikte möglich wird, im Sinne einer sicheren Bindung und entsprechenden Bindungsstils.
Zwar wird unter psychodynamischen Vorzeichen vor allem die Bedeutung der frühkindliche Erfahrung fokussiert und thematisiert, aber auch über die Situation von Kindern allgemein wird nachgedacht und es wird sehr wohl vor allem von einzelnen Autoren gesehen, wie man auch als älteres Kind zum Ziel der Übertragung der Eltern bzw. zum Träger von Delegation im Rahmen ihrer Kompensation werden kann. -- Auch wenn sich TPler der Thematik des Traumas, insbesondere der sequentiellen Traumatisierung in der Kindheit und Jugend annehmen, wird der Blick mehr auf die ganze Zeit des Heranwachsens ausgeweitet. In gewisser Weise erfährt dabei auch der Begriff des Trauma eine Ausweitung. Sequentielle Traumatisierungen werden als eine nachträgliche bzw. zusätzliche Labilisierung des Selbst und als Ursache von Introjekten sehr wahrgenommen. Bei den Traumafolgen liegt das Hauptaugenmerk dabei auf den immer wieder dissoziierten Ohnmachtserfahrungen des abhängigen jungen Menschens, die als jüngere Anteile einer Versorgung bedürfen.
Die Zeit, in der das Interesse an internen Verarbeitungsprozessen bei einigen Theoretikern soweit gehen konnte, dass man je nach Perspektive auf die Theorielandschaft eine Leugnung der Relevanz der Realität in ihrer Bedeutung für die Entwicklung und die Ausbildung von psychischen Strukturen erleben konnte, ist eigentlich vorbei. M.E. ist psychodynamisches Denken im Kern das Denken, dass der schlichten und wirklich wirklichen Realität des Menschen -- nämlich seiner Realität mit seinen basalen Bedürfnissen -- den meisten Respekt zollt und eigentlich im Kern keine wie auch immer gearteten Konzepte über die schlichte Beobachtungen dessen, was ist, wie es ist, stellt. Die Ausbildung und die Auswirkungen psychischer Strukturen zu beschreiben, impliziert auf keinen Fall eine Relativierung realer Erlebnisse als Kind. Ansonsten ist die Relevanz interner Verarbeitungsprozesse und Strukturen nun einmal eine Gegebenheit, der Rechnung zu tragen ist, auch wenn man bei der Beschäftigung mit ihr evtl. Gefahr läuft, gegenwärtige Verhältnisse zu oft nur als Auslöser für Übertragung zu begreifen und nicht mehr auch als gesellschaftlich zu verändernde Realität wahrzunehmen (außer auf dem Umweg ihrer Relevanz für Kinder). An sich bietet das psychodynamische Denken gleichzeitig auch Vieles, was das kritische Denken unterstützt. -- Sofern es außerdem auch immer wieder als kennzeichnend für die psychodynamische Theoriebildung wahrgenommen wird, dass nicht nur allgemein die frühe Entwicklung ab dem Säuglingsalter als prägend im Fokus steht, sondern insbesondere darin, wie es gelingt, am Ende derselben seine Geschlechtlichkeit zu bewältigen und die Grundlagen für eine auch sexuelle Liebesfähigkeit zu legen, das eigentliche Zentrum von allem zu sehen, wobei die Geschichte der anderen Bedürfnisse nur darüber entscheidet, wie kompensiert wird, ist auch das eine Perspektive auf die psychodynamischen Theorielandschaft, die nicht sehr breit angelegt ist.
3.1.1.2 Therapeutisches Geschehen
Die Remission des Symptoms ist immer ein wichtiges Therapieziel, weil das Leiden am Symptom größer ist als der Nutzen daraus, dass es ggf. eine Funktion erfüllt. Gleichzeitig ist die Milderung der Symptome aber nicht das einzige Ziel, weil das Symptom immer noch auf andere Probleme verweist, ohne deren Auflösung es sich nicht wirklich nachhaltig bearbeiten lässt und weil diese anderen Probleme selbst bei vollkommener Unbewusstheit zumindest zum Leiden an und in Beziehungen resp. zu einer schädigenden Anspannung führen. Die Funktion der Symptome in Bezug auf die tiefer liegenden Probleme, Abwehr aufrechtzuerhalten, stellt keine absolute Notwendigkeit über alle Reifeschritte eines Menschen hinweg dar, die zu Grunde liegenden Probleme lassen sich bearbeiten und das Symptom kann überflüssig werden.
In einer psychodynamischen Psychotherapie beginnen Sie, sich selber besser zu verstehen, und allein damit, dass Sie beginnen, sich mit den eigentlichen Themen zu beschäftigen, nehmen die Symptome ab. Und auch in Bezug auf die eigentlichen zu Grunde liegenden Probleme ist mehr Selbstverstehen eine ggf. schon allein ausreichende Wirkgröße dafür, dass sich Ängste, Konflikte, Dilemmata, Übertragungen, Kompensationen, die Determination des Erlebens allein durch repräsentierte negative Urerfahrungen bzw. Befürchtungen jüngerer Anteile und die Macht einschüchternder verfolgender Anteile resp. heftige Abwehrreflexe gegen Nichtintegriertes abzuschwächen beginnen. Zumindest gewinnen Sie bessere Voraussetzungen für ein zukünftig aktiveres Gegensteuern, dass sie weniger unkontrolliert in ihre bekannten Löcher rutschen. Indem Sie erkennen, in welchem Ausmaß Sie von negativen Erwartungen bestimmt sind, beginnen Sie automatisch den auch vorhandenen anderen Erfahrungen mehr Gewicht zu geben. Außerdem gewinnen Sie Möglichkeiten dazu oder zurück, Beziehungen positiver zu gestalten. Spätestens mit diesen Änderungen im Anschluss an die Erweiterung des Selbstverstehens erübrigen sich die Symptome endgültig.
Natürlich brauchen Sie Zeit und Sie gewinnen i.d.R. nur schrittweise Sicherheit bei der Auseinandersetzung mit sich und ihren zentralen Themen. Ihre Therapeutin /Ihr Therapeut unterstützt Sie bei der Weiterentwicklung Ihres Selbstverstehens mit Deutungsangeboten und Nachragen zu dem, was er akut bei Ihnen wahrnimmt. Sie sind nicht allein, wenn Sie sich zentralen Ängsten stellen.
Je nach Therapiestil mehr oder weniger betont passieren weitere Dinge: Ggf. unterstützt Ihre Therapeutin /Ihr Therapeut Sie, sich Ihre Ängste als möglichst simple Schreckensbilder oder Szenen vor Augen zu führen, und eine Verwandlung in der Vorstellung abzuwarten. Ggf. erhalten Sie Anregungen, für Sie passende positive Bilder und Symbole zu finden, die ihnen reale oder denkbare positive Erfahrungen als auf jeden Fall auch immer gültige und existierende Möglichkeit vor Augen halten. Hoffentlich wirkt die Erfahrung mit der Therapeutin /dem Therapeuten, der akzeptiert, versteht und sich zuwendet ,als korrigierende Erfahrung und kann diese von Ihnen nach Innen genommen werden. Ggf. kann das Wort des Therapeuten, dass das Leben lebbar ist, dauerhaft etwas zählen. Sie werden begleitet, sich selbst gegenüber zu treten, Ihre verletzten Anteile zu versorgen bzw. in Sicherheit zu bringen, ihren inneren Dialog zu beruhigen bzw. sich von Introjekten zu distanzieren oder diese auf der Basis dessen, dass das Ziel verfolgender Anteile, uns zur Anpassung zu motivieren, letztlich einmal eine Schutzfunktion hatte, zukünftig anders einzubinden. Sie erhalten i.d.R. sehr unmittelbar Unterstützung für ihr Selbst, in Bezug auf seinen Wert und ihre Berechtigung bzw. sein Stabilität und zumindest vorübergehende Fähigkeit, sich zu genügen. Sie erhalten Gelegenheit ihrer Identität nachzuspüren oder sich Ressourcen zu vergegenwärtigen. Außerdem werden Ihre gegenwärtigen Beziehungen zu anderen auch konkret Thema, nicht nur als Material für ihre Selbsterkenntnis oder die Arbeit an der Verfügbarkeit von Ich-Fertigkeiten im allgemeinen, sondern auch um an konkreten möglichen Verbesserungen für Sie in diesen Beziehungen zu arbeiten. Sie werden unterstützt, sich wahrzunehmen und zu positionieren und dennoch gleichzeitig auch das Erleben der anderen nachzuvollziehen, die ggf. eine andere Perspektive haben oder auch anders sind. Ihnen wird geholfen, ihre Bedürfnisse sowie besonderen Empfindlichkeiten ernst zu nehmen, dabei Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, aber auch letztere den anderen als etwas, womit sie auch umgehen müssen, zu erklären, ohne deren u.U. komplementären Empfindungen als Bedrohung zu erleben. Im Ergebnis kommen Sie, darüber hinaus, dass sich auf diese Weise ihre Symptome verschwinden, in Kontakt mit ihrer Liebe zu sich selbst und fangen an sich grundsätzlich ins Recht zu setzen. Gleichzeitig erleben sie, was ihnen die anderen bedeuten, und gewinnen Vertrauen. Sie steigen aus Konflikten zwischen verschiedenen Abgründen aus, finden Mitten zwischen Extremen und gewinnen Abstand zu sie belastenden Kategorien. Sie reifen als Persönlichkeit und kommen zu einem Mehr an Integration in Bezug auf ihre verschiedenen Anteile. Sie entwickeln einen freundlicheren Umgang mit sich und mehr Sicherheit in Bezug auf den Halt bei einzelnen anderen und in den uns umgebenden Netzen von Bezogenheit. Kompensationen werden unwichtiger. Sie lernen, (echte) Gefühle zuzulassen und gewinnen Lebendigkeit zurück.
Psychodynamische Psychotherapien sind über weite Strecken Gespräche über das, was für Sie gerade oben auf liegt. Die Therapeutin/ der Therapeut fragt nach, damit Sie gemeinsam genauer erfassen, wie was ist und zusammenhängt, und bietet Deutungen an. Parallel erkennt sie /er an, validiert und gibt ggf. Auskunft, wie sie /er Dritte versteht ... . Vor allem in einer AP, aber ggf. auch in einer TP, ist auch das Geschehen im Therapieraum -- zwischen den zwei an den Themen des einen arbeitenden Menschen dort -- als Material für Ihre Erkenntnis wichtig. Dazu braucht es auch auf Seiten des Therapeuten Offenheit. Die Integration von aktiveren Hilfen auch bei der tastenden Suche nach alternativen Erlebensweisen -- darüber hinaus, dass der Therapeut zum Katalysator für Ihr Selbstverstehen wird, -- unter Einschluss von Ressourcenarbeit oder Imagination ist mehr eine Besonderheit der TP.
3.1.2 VERHALTENSTHERAPIE
Außerdem spielt in unserem Versorgungssystem die Verhaltenstherapie (VT) eine wichtige Rolle. Sie hat eine weniger lange Tradition, ist aber aktuell die am häufigsten angebotene Therapieform. Innerhalb der VT spielt empirische Forschung eine besonders große Rolle. VT setzt besonders bei Gedanken und Denkstilen bzw. übergeordneten Leitgedanken eines Individuums, seinen Erwartungen, der Fokussierung der Aufmerksamkeit, dem Verhalten, Lernerfahrungen und Lernmechanismen wie Verstärkung als Ursachen von psychischen Krankheiten und sonstigen Schwierigkeiten an. Motivation und Änderungsbereitschaft werden für besonders zentral gehalten. Verhaltenstherapeuten erzeugen Evidenz und damit dann oft auch emotionale Dichte. Sie beschreiben Teufelskreise und zeigen, wo sie unterbrochen werden können, verhindern, dass Sie Ihr Vermeidungsverhalten immer weiter ausbauen und leiten dazu an, sich zu konfrontieren. Gegenstand der Konfrontation ist dabei aber weniger das, was hinter z.B. einer Angst vor Höhe liegt, als eben die Höhe etc. selbst. VTlerInnen bieten an, Sie auch außerhalb des Therapieraums bei Expositionsversuchen zu begleiten, werten Ihre Erfahrungen aus, mit welchen Gedanken oder Verhaltensweisen es Ihnen besser gegangen ist, üben mit Ihnen Verhaltensweisen bzw. trainieren diese regelrecht mit Ihnen, zeigen Ihnen, dass Aktivität Ihnen gut tut, und widerlegen negatives Denken. Es gab in den letzten Jahrzehnten zunehmend mehr genaue Manuale für verschiedene Störungen und es bestand die Lehrmeinung, dass eine Verhaltenstherapie jeweils einem bewährten festen Ablaufschema folgen sollte mit immer wieder gleichen, dabei aber auch störungsspezifischen Elementen und Inhalten. Trotzdem fragen VerhaltenstherapeutInnen nach verschiedenen Problemen, für die Sie sich Hilfe erhoffen, und zuletzt hat auch die Verhaltenstherapie, nachdem sie schon lange "kognitive Verhaltenstherapie" geworden war, damit begonnen, auch Emotionen und Beziehungen als relevant mit zu berücksichtigen. Verschiedene Autoren haben dafür neue Konzepte in den Raum gestellt. -- In der Erziehung vertreten VerhaltenstherapeutInnen weiter vor allem das Prinzip der Konsequenz mit besonderem Nachdruck.
3.1.3 SYSTEMISCHE PSYCHOTHERAPIE
Seit diesem Jahr wird auch systemische Therapie (ST) als Kassenleistung angeboten. Bisher traf /trifft man SystemikerInnen vor allem in Beratungsstellen und im Bereich der Supervision an. Bis es zu einem flächendeckenden Angebot von systemischer Therapie kommt, wird es nach der Zulassung der ST zur Versorgung auch weiter noch etwas dauern. -- SystemikerInnen fördern es, dass neue Möglichkeiten in den Blick kommen, negative Schleifen verlassen und Perspektivwechsel vorgenommen werden, und bemühen sich um die Aktivierung von vorhandenen Ressourcen -- manchmal auch ohne sich noch viel mit den Problemen zu beschäftigen. Symptome werden zumeist so verstanden, dass sie eine aktuelle Funktion haben, für den, der sie zeigt, innerhalb des jeweiligen Systems oder der Systeme, an denen ihr Träger gegenwärtig teilhat, und für dieses Systeme. Neben Veränderungen auf Ihrer Seite können theoretisch also auch Veränderungen im System dazu führen, dass Symptome verschwinden. Die Relevanz des Systems wird vor allem in der Familientherapie und in der Erziehungsberatung beachtet. Bei der Arbeit mit Einzelnen liegt der Fokus natürlich auf dem, was der in der Therapie Anwesende für Veränderungsmöglichkeiten in Bezug auf Perspektiven und Verhaltensweisen hat, was er auf den Weg bringen kann, dass nicht immer wieder nur mehr von dem Gleichen geschieht. In Bezug darauf, was genau Sie wie verändern wollen, versuchen SystemikerInnen sehr konsequent zu beachten, dass Sie Ihr eigener Experte für sich selbst sind. Sie unterstützen Sie darin, herauszufinden, was wirklich Ihre Idee einer guten Lösung ist. In der systemischen Praxis werden gerne viele verschiedene Methoden zur Aktivierung benutzt. Spezielle öffnende Fragetechniken spielen eine große Rolle. Es wird dazu eingeladen, sich Wunder vorzustellen, über Ausnahmen nachzudenken, oder den ganz kleinen Unterschieden nachzuspüren. -- Während in der TP eher vor allem das Gegenüber von innerem Kritiker bzw. Verfolger und innerem Kind fokussiert wird, arbeiten SystemikerInnen vor allem mit der Vielfalt innerer Stimmen. Zur Verstärkung des Erlebens kommt ggf. das Moment der Aufstellung dazu. Unter Anleihen bei der Gestalttherapie wird ggf. der Raum genutzt, um ihn symbolisch einzuteilen, z.B. für verschiedene Wahlmöglichkeiten, um dann mit dem Körper zu spüren. Die Methoden sollen Ihnen helfen, Ihre Präferenzen zu finden, Sie in Kontakt mit Ihren Ressourcen bringen oder das Erleben von Lösbarkeit induzieren und die Problemtrance beenden.
3.2 BEISPIELE FÜR MOTIVATIONEN BEI DER WAHL EINER THERAPIERICHTUNG DURCH
PATIENTEN/INNEN
Sowohl die Verhaltenstherapie als auch die psychodynamischen Verfahren beanspruchen jede für sich eine umfassende Wirksamkeit und Sie müssen über weite Strecken Ihren eigenen Weg finden, was zu Ihnen passt.
Eine typische Motivation, VT machen zu wollen, ist, dass man eher schnell eine Änderung erreichen möchte und sich praktische Tipps sowie ein Vorgehen wünscht, dass keine Auseinandersetzung mit potentiellen Ursachen erfordert, die einem nicht naheliegend erscheinen.
Eine typische Motivation, TP oder AP zu wollen, ist, dass man sich in einer Umgebung mit vielen Tipps auf Dauer unverstanden fühlt, Erfolge einer VT als nicht dauerhaft erlebt hat und froh wäre, endlich auch über die Lebensthemen reden zu können, von denen man spürt, dass sie das eigentliche Thema sind.
Eher AP als TP ist richtig, wenn Sie ganz besonders viel arbeiten wollen und auch zwei Stunden in der Woche investieren können. Außerdem sollten sie sich auf die analytische Methode einstellen können, dass die Analytikerin /der Analytiker eher sparsam interveniert und insbesondere Ihre Übertragung auf sie /ihn bzw. die wechselseitige Übertragung im Therapieraum zu einem wichtigen exemplarischen Feld wird, um über sich selbst nachzudenken. Wenn ihre Probleme auf besonders frühe und umfassende Störungen der Entwicklung zurückgehen bzw. vor allem traumabedingt sind, kommt diese Methode allerdings auch in einer AP i.d.R. nicht oder nicht in so großem Umfang zum Einsatz und wird ihnen eine modifizierte Analyse angeboten.
Eher für eine TP entscheiden sich Menschen, die im Nachdenken über sich selbst im Augenblick auch noch etwas mehr Rückmeldung und Anregung wünschen, und denen ein tendenziell etwas integrativerer methodischer Ansatz sinnvoller erscheint.
Bei der zukünftigen Nachfrage nach ST erwarte ich, was die Nachfrage nach Einzeltherapie für Erwachsene betrifft, dass u.a. die Lösungs-und Ressourcenorientierung innerhalb derselben als attraktiv empfunden wird.
3.3 WEITERE ALTERNATIVEN
BERATUNG IN EINER BERATUNGSSTELLE
Wenn eine psychische Diagnose nicht in Frage kommt, wenn Ihr Hilfebedarf eher darin besteht, bestimmte konkrete Entscheidungen treffen bzw. mehr umgrenzte Fragestellungen oder Probleme bearbeiten zu wollen, und insbesondere wenn Fragen der Erziehung oder Paarprobleme im Vordergrund stehen, ist in der Regel eher eine Beratung in einer Beratungsstelle als Therapie bei einer niedergelassenen Therapeutin /einem Therapeuten indiziert. Die Arbeit einer Beratungsstelle wird nicht im Rahmen des Gesundheitssystems sondern der Jugendhilfe finanziert, richtet sich also an junge Erwachsene bis 26 bzw. deren Eltern. Viele KollegInnen dort sind SystemikerInnen. Ältere BeraterInnen sind oft in einem humanistischen Verfahren ausgebildet. Aber man trifft auch TPlerInnen in Beratungsstellen.
KLINIKAUFENTHALTE
Klinikaufenthalte, z.B. auf einer psychiatrischen oder psychosomatischen Station resp. in einer Reha-Klinik (wobei der Aufenthalt von der Rentenversicherung finanziert wird) ermöglichen eine Auszeit zur Regeneration, einen Schutzraum in schweren Krisen oder eine vorübergehend besonders konzentrierte Auseinandersetzung mit sich selbst bzw. ein besonders konzentriertes Training. Viele Menschen profitieren in Kliniken insbesondere auch von der Gruppentherapie und generell von der Gemeinschaft der PatientInnen untereinander. Bei Selbstgefährdung ist am ehesten ein Aufenthalt in einer Psychiatrie oder Psychosomatik indiziert.
MEDIKAMENTE
Medikamente sollten nicht die einzige Maßnahme bei einer psychischen Erkrankung sein, werden aber auch empfohlen. Verschrieben werden sie von Ärztinnen und 'Ärzten. Am verantwortlichsten kann eine Psychiaterin /ein Psychiater ihre Medikation begleiten. Selbstgefährdung ist ggf. eine besonders eindeutige Indikation für die Gabe auf jedem Fall auch von Medikamenten. Nach wiederholten Psychosen oder manischen Phasen müssen Medikament auch langfristig genommen werden.
GRUPPENTHERAPIE
In allen oben beschriebenen Verfahren (TP / AP / VT / ST) wird auch ambulante Gruppentherapie von den Kassen finanziert. Gruppentherapie wird allerdings nicht in jeder Einzelpraxis angeboten. Ansonsten ist Gruppentherapie z.B. ein fester Bestandteil bei Klinikaufenthalten (s.o.). Verschiedene Angebote in Erziehungsberatungsstellen finden auch in Gruppe statt. Diese sind oft recht strukturiert und finden zu bestimmten Themen statt. Sie ähneln in dieser Beziehung damit eher einer verhaltenstherapeutischen Gruppe als einer psychodynamisch orientierten. Freie Träger bieten Reha-Nachsorge-Gruppen an.
THERAPIEVERFAHREN, DIE NICHT ALS KASSENLEISTUNG ANGEBOTEN WERDEN
Außerhalb des Kassensystems gibt es noch viele weitere Therapieansätze (für die Therapie einzelner oder die Selbsterfahrung etc. in der Gruppe). Humanistische Verfahren, zu denen man auch die ST zählen kann, betonen alle u.a. die Notwendigkeit, dass Menschen ihr Eigenes entdecken. Es werden therapeutische Haltungen beschrieben, die hierfür wichtig sind, bzw. es werden Methoden entwickelt, die das Spüren fördern. Relevante Verfahren sind z.B. insbesondere die Gesprächspsychologie oder die Gestaltpsychologie. Insbesondere aus der Gesprächspsychologie fließen Elemente auch in jede der oben beschriebenen durch die Kassen finanzierten Therapierichtungen ein, was die therapeutische Haltung betrifft, mit der die Therapeutin /der Therapeut dem Patienten/ der Klientin gegenübertritt (Empathie, aber eben vor allem auch Wertschätzung und Akzeptanz). Es gibt unterschiedliche körperorientierte Verfahren, die den Körper als Zugang oder sensorisches Instrument nutzen. Verschiedene Angebote nutzen die Kreativität, andere schaffen Erlebnisse, z.B. von besonders intensiver Gemeinschaft, besonders intensivem auf sich gestellt sein, oder nutzen Klang und Stimme. Es gibt unendlich viel, was sich mit dem Therapeutischen im engeren Sinne überschneidet. Menschen suchen sich unterschiedlichste Wege.
Psychotherapeutische Praxis
Dipl.-Psych. Volker Matthes
Tiefenpsychologische Psychotherapie
Windthorststraße 31 / 48143 Münster
0151 / 70185596